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Arbeitsmedizinische Unbedenklichkeit feststellen

Mit der Flexibilisierung des gesetzlichen Arbeitsrechts (Jänner 2008) haben Betriebe die Möglichkeit die täglichen und wöchentlichen Arbeitszeitgrenzen im Fall eines vorübergehend auftretenden, besonderen Arbeitsbedarfs anzuheben.
Untersuchungen zur arbeitsmedizinschen Unbedenklichkeit erheben inwieweit die tägliche Normalarbeitszeit ohne gesundheitliche Gefährdungen verlängert werden kann.

Die inhaltliche Voraussetzung dafür ist ein vorübergehend auftretender, besonderer Arbeitsbedarf zur Verhinderung eines unverhältnismäßig wirtschaftlichen Nachteils. Überstunden sind dann für 24 Wochen im Jahr, maximal jedoch acht Wochen in Folge, bei bis zu 60 Stunden Normalarbeitszeit pro Woche zulässig. Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, kann dies über eine Betriebsvereinbarung vereinbart werden.

In Betrieben ohne Betriebsrat müssen die Überstunden mit den Arbeitnehmenden im Einzelfall schriftlich vereinbart werden, wenn die arbeitsmedizinische Unbedenklichkeit für die betreffenden Tätigkeiten durch ArbeitsmedizinerInnen festgestellt wurde. Konkret bedeutet dies, dass die ArbeitsmedizinerInnen Stellung beziehen zur Frage, ob unter den jeweils bestehenden Rahmenbedingungen einer Verlängerung der täglichen Normalarbeitszeit ohne gesundheitliche Gefährdungen der betroffenen Arbeitnehmenden zugestimmt werden kann.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es durch die Flexibilisierung der täglichen Arbeitszeit zu keiner Verlängerung der Jahresarbeitszeit bzw. Lebensarbeitszeit kommt, d.h. dass auf Phasen mit Mehrarbeit Phasen mit entsprechend verminderter Arbeitszeit folgen. Denn eine tatsächliche Steigerung der Wochenarbeitszeit kann auf keinen Fall als gesundheitsneutral angesehen werden. Der dadurch erzielte ökonomische Vorteil dürfte sich langfristig in einen Nachteil verwandeln, da eine höhere Arbeitsleistung die physische und psychische Beanspruchung erhöht und daher wiederum leistungsmindernd wirkt. Es erhöht sich das individuelle Unfallrisiko, aber auch die Fremdgefährdung bei Steuer- und Überwachungstätigkeit. Eine Verlängerung der Arbeitszeit kann aus arbeitsmedizinischer Sicht bei zahlreichen Arbeitsbelastungen nicht empfohlen werden, insbesondere für die nach dem Schwerarbeitsgesetz festgelegten Tätigkeiten.

Gegenstand der Begutachtung ist die Lage, Dauer und die Bezugsräume der längeren Tagesarbeitszeit, ebenso die Arbeitsumgebungsbedingungen, physikalische und chemische Einflussfaktoren, die Schwere und Art der Tätigkeit, psychische Belastungen bis hin zur sozialen Verträglichkeit der Gestaltung der Arbeitszeit.

Die Beurteilung erfolgt arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogen, auf Basis des arbeitsmedizinischen Belastungs-Beanspruchungskonzeptes. Die Grundvoraussetzung einer arbeitsmedizinischen Unbedenklichkeit ist eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung (Evaluierung), wobei die Wirksamkeit der darin festgelegten Maßnahmen nachvollziehbar sein muss. Die Erhebung der Einflussgrößen erfolgt durch eine Betriebsbegehung, wo auch strukturelle Voraussetzung wie z.B. Arbeitsorganisation, Qualifikation bis hin zum Mobilitätsmanagement zu erfassen sind.

Bei komplexen Thematiken kann die Beiziehung von einschlägigen ExpertInnen wie ArbeitspsychologInnen, ErgonomInnen od. ToxikologInnen erforderlich sein.

Die Beurteilung der arbeitsmedizinischen Unbedenklichkeit ist nicht als arbeitsmedizinische Präventionszeit einrechenbar.

Gesetzliche Arbeitszeitregelungen dienen dem Schutz der Arbeitnehmenden vor gesundheitlichen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen. Jede Reduktion von Restriktionen in der Arbeitszeitgesetzgebung bedeutet somit auch eine Reduktion der Schutzfunktion. Der Auffassung, dass eine Erhöhung der Flexibilität auch im Interesse der Arbeitnehmenden wäre, ist entgegenzusetzen, dass die Arbeitszeitgesetzgebung auch dem Schutz vor Selbstausbeutung dient.

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